1.11. Staatssekretärin im Umweltministerium antwortet

Administrator (Reinhard_net) on 01/11/2020

Frau Rita Schwarzelühr-Sutter hat schon meine Fragen beantwortet.

Frau Rita Schwarzelühr-Sutter hat schon meine Fragen beantwortet.
Auf Ihre Aussage zum Tempolimit möchte ich besonders hinweisen! Zuviel Kompromissbereitschaft verhindert wirksame Umweltpolitik. Hier sollten sich die engagierten Politiker neue Verbündete suchen, wie es Hermann Scheer getan hat, statt faule Kompromisse unter den Fraktionen aus zu handeln.

Sehr geehrter Herr Muth,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 20. Oktober 2020 und für Ihren Diskussionsbeitrag. Gerne nehme ich Stellung zu Ihren drei Anliegen:
1.
Der Einstiegspreis von zunächst 25 Euro pro Tonne CO2 wurde bewusst gewählt: Es handelt sich um eine Maßnahme, die ihre Lenkungswirkung Stück für Stück entfalten wird, damit sich Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen an diese Entwicklung anpassen können. Denn klimafreundliche Alternativen müssen zur Verfügung stehen und auch bezahlbar sein. Die Bundesregierung hat deshalb Anreize geschaffen, damit beim nächsten regulären Autokauf oder beim nächsten Heizungsaustausch die Wahl auf klimafreundliche Alternativen fällt. Ein drastischer kurzfristiger CO2-Preisanstieg hingegen würde vor allem zulasten der Bürgerinnen und Bürger gehen, ohne dass CO2 eingespart würde. Er hätte zudem erhebliche unerwünschte Verteilungswirkungen, denn höhere Heiz- oder Benzinkosten treffen Normalverdiener deutlich härter als einkommensstarke Haushalte. Entscheidend ist somit nicht die kurzfristige Preisänderung, sondern der langfristige und verlässliche Preispfad.
Bis 2025 soll der CO2-Preis auf 55 Euro steigen. Im Jahr 2026 wird es keinen Festpreis mehr geben, sondern einen Preiskorridor mit einem Mindest- und einem Höchstpreis. Dieser liegt bei 55 Euro bis 65 Euro. Außerdem wird dann eine maximale Menge an CO2 festgelegt, die ausgestoßen werden darf. Sie wird von Jahr zu Jahr geringer und ergibt sich aus den Klimazielen, sodass die Ziele für die Sektoren Verkehr und Gebäude deshalb spätestens ab 2027 eingehalten werden.
Um es ganz klar zu sagen: Der CO2-Preis ist nur EIN Baustein von vielen im umfassenden Klimaschutzprogramm der Bundesregierung. Wir wollen unsere Klimaziele mit einem wissenschaftlich fundierten Mix aus Marktinstrumenten, Anreizen, Förderungen und Ordnungsrecht erreichen. Mir ist als Sozialdemokratin wichtig, dass der CO2-Preis sozial abgefedert wird. Das Ziel ist ja nicht, mehr Geld für die Staatskasse einzunehmen, sondern die Einnahmen aus dem CO2-Preis auf mehreren Wegen an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben: über eine Entlastung beim Strompreis oder über Fördermittel etwa für neue klimafreundliche Heizungen.
2.
Natürlich unterstütze ich den Bundesparteitagsbeschluss der SPD aus dem Jahr 2009, ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf deutschen Autobahnen einzuführen. Demokratie bedeutet aber auch immer Kompromiss, erst Recht in Regierungsverantwortung. Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU haben wir uns darauf geeinigt, dass über bestimmte Themenbereiche (z.B. das Klimaschutzgesetz) sowie über das Verfahren und die Arbeit im Parlament Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt wird. Auf eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen konnten wir uns nicht einigen, deshalb ist dies auch nicht Bestandteil des Koalitionsvertrags. Für die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner ist eine gegenseitige Verlässlichkeit und Vertragstreue unabdingbar. Deshalb habe ich im Jahr 2019 den Antrag der Grünen abgelehnt und so den Koalitionsvertrag eingehalten.
Das Klimakabinett überprüft jährlich, wie wirksam und zielgenau die Maßnahmen zur CO2-Reduktion sind. Erfüllt ein Sektor seine Ziele nicht, legt das zuständige Ministerium innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm zur Nachsteuerung vor. Auf dieser gesetzlich verpflichtenden Grundlage passt das Klimakabinett das Klimaschutzprogramm 2030 so an, dass die Ziele erreicht werden. In diesem Rahmen kann die Einführung eines Tempolimits als Maßnahme vielleicht doch schneller kommen als es jetzt aussieht.
3.
Nach aktuellen Berechnungen wird es 2050 notwendig sein, bis zu 45 Millionen Tonnen Wasserstoff jährlich nach Deutschland zu importieren. Aus diesem Grund hat Bundesforschungsministerin Anja Karliczek gemeinsam mit ihrem nigrischen Amtskollegen, Yahouza Sadissou, der darüber hinaus auch Vorsitzender des Ministerrats des Kompetenzzentrums für Klimawandel und angepasste Landnutzung "WASCAL" ist, am 11. Februar 2020 in Berlin ein Maßnahmenpaket zum Ausbau der strategischen Partnerschaft mit Westafrika auf den Weg gebracht. Ziel dieser Partnerschaft ist es, eine Initiative für eine Wasserstoffunion aufzubauen. Zudem soll WASCAL zu einem Kompetenzzentrum für grünen Wasserstoff ausgebaut werden.
So wie ich Hermann Scheer damals persönlich kennenlernen durfte, weiß ich, dass für ihn Wasserstoff immer nur eine ergänzende Option der künftigen Energieversorgung aus erneuerbaren Energien war, keineswegs das Ein und Alles. Gemäß der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung soll die Energiewende mit Wasserstoff eine weitere Säule erhalten– neben den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Es geht bei den internationalen Partnerschaften nicht um die Ausbeutung eines Kontinents, sondern um den Aufbau einer neuen Wertschöpfungskette, die unglaubliches Potential auch für die Weiterentwicklung erneuerbarer Energien innerhalb Afrikas beinhaltet. Mit der Wasserstoffstrategie machen wir einen Quantensprung hin zu CO2-neutralen Kraftstoffen und damit zu einer globalen Energiewende, die ganz im Sinne Hermann Scheers gewesen wäre.

Mit freundlichen Grüßen nach Althütte Rita Schwarzelühr-Sutter, MdB
Rita Schwarzelühr-Sutter Mitglied des Deutschen Bundestages
Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
Wahlkreisbüro Wallstr. 9 / Kaiserstr. 22 79761 Waldshut-Tiengen Tel.: 0049 (0)7751/ 91 76 881

Meine Fragen:

Sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter!

Schade, dass auf einer öffentlichen Veranstaltung wie gestern Abend in Weissach im Tal ein ausführliches Gespräch nicht möglich ist. Natürlich mussten Sie die Erfolge der SPD im Bundestag heraus streichen und konnten auf meine Kritik nicht ausführlich eingehen. Hier möchte ich noch ein paar Punkte nachtragen.

1) Das Umweltbundesamt schätzt die Kosten für Umweltschäden durch CO2 Emissionen auf 180,- € pro Tonne. Dementsprechend fordert FfF eine CO2 Abgabe von 180,- € pro Tonne. Die Bundesregierung steigt mit 25,- € pro Tonne in die CO2 Bepreisung ein. Wie soll da der CO2 Ausstoß sinken?

2) Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 120 km/h auf Autobahnen würde den CO2 Ausstoß im Verkehr spürbar senken und wenig kosten. Warum setzt sich die SPD Fraktion nicht für diese einfache und preiswerte Senkung des CO2 Ausstoßes ein? Für mich ist dies DAS entscheidende Kriterium für die Glaubwürdigkeit einer Fraktion in Sachen Klimaschutz.

3) Natürlich hätte ich gerne noch mehr zu Ihren Positionen zur Wasserstoffinitiative der Bundesregierung im Vergleich zu den Aussagen von Hermann Scheer von 2001 und 2005 gehört. Vielleicht ergibt sich ja mal eine andere Gelegenheit!

https://taz.de/Gruener-Wasserstoff-aus-dem-Kongo/!5717317/

http://www.hermannscheer.de/de/index.php/artikel-2001-archivmenuartikel-71/26-solare-wasserstoffwirtschaft-chancen-nutzen-problemfelder

http://muth-ah.net/pages/topics/14.10.-hermann-scheers-aufsatz-zur-wasserstofftechnologie.php

http://muth-ah.net/pages/topics/17.7.-wasserstoff---ein-voellig-unrealistisches-konzept.php?p=14

-- Mit freundlichen Grüßen Reinhard Muth

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