24.2. Mit Linken reden
Anleitung für eine bessere Streitkultur
Mit Linken reden
1. Ermordet keine Menschen. Seit 1990 haben laut der Amadeu-Antonio-Stiftung rund 200 Menschen durch rechte Gewalt ihr Leben verloren. Wenn ihr euer Gegenüber im wahrsten Sinne des Wortes mundtot macht, gibt es keinen Diskurs.
2. Schlagt Leute nicht, zündet ihre Wohnungen nicht an und veranstaltet keine Hetzjagden. Eure Gegenüber körperlich einzuschüchtern, führt ebenfalls dazu, dass sie sich nicht mehr äußern. Wenn Menschen nicht mehr sprechen, ist das auch das Ende eines jeden freien Meinungsaustausches.
3. Verherrlicht keine Diktaturen. Zeigt keine Hitlergrüße oder sagt Dinge wie „unter Hitler hätten wir dich vergast“. Das untergräbt euer Bekenntnis zum demokratischen Austausch.
4. Nutzt keine Morddrohungen und Beschimpfungen und vergleicht Menschen nicht mit Tieren. Geht nicht mit einem Galgen auf Demos und ruft nicht „absaufen, absaufen“. Sagt nicht, ihr wolltet auf Flüchtende an den Grenzen schießen und malt euch nicht offen aus, wen ihr nach der Machtübernahme an die Wand stellen wollt. Versucht es doch mal ohne Gewaltfantasien. Oder gar mit Humor.
5. Müllt das Netz nicht mit Beleidigungen und Herabsetzungen voll. Wenn Betroffene von sexuellen Übergriffen unter #MeToo berichten oder Betroffene von Rassismus unter #MeTwo oder queere Menschen über ihre Leiden unter #MeQueer, übernehmt nicht die Hashtags und schreibt da rein, warum diese Menschen Schläge/Vergewaltigung/Mord verdient hätten. Ihr müsst ja nicht über jedes Stöckchen springen oder jeden Artikel kommentieren.
6. Informiert euch. Wenn ihr Zweifel daran habt, ob der Klimawandel, der Holocaust oder gar die Bundesrepublik Deutschland echt sind, behauptet das nicht einfach, sondern recherchiert erst einmal. Seid dabei auch offen für die Argumente der Gegenseite und überlegt, ob ihr eure Position überdenken wollt.
7. Sprecht eure Gegenüber richtig an. „Antifant“, „Linksfaschist“ oder „Linksgrünversiffte“ sind keine respektvollen Begriffe und führen dazu, dass Linke abschalten und nicht mehr zuhören. Solche Provokationen machen die ideologischen Gräben unserer Gesellschaft nur tiefer. Vermeidet sie!
8. Versucht präzise zu sein. Nur weil jemand dunkle Haare hat oder mit einem Akzent Deutsch spricht, ist er oder sie nicht automatisch Migrant/Ausländerin/Flüchtling/Jüdin/Muslim/Islamistin. Gleiches gilt, wenn er oder sie einen dunkleren Hautteint hat als ihr. Hinzu kommt: Deutsche, die ausländische Vorfahren haben, sind immer noch Deutsche. Und für alle gelten die gleichen Menschenrechte. Im öffentlichen Wettkampf um die besten Ideen seid ihr überzeugender, wenn ihr nicht alles durcheinander werft.
9. Schweigt keine Themen tot. Auch wenn es unbequem ist, thematisieren Linke manchmal wichtige Dinge, etwa die Aufklärung der NSU-Morde und andere Morde durch Neonazis, Gleichberechtigung der Geschlechter und die freie Ausübung aller Religionen in Deutschland. Versucht euch für die Sorgen anderer zu interessieren, sonst wirkt ihr inkonsequent und eure Themenwahl selektiv.
10. Bekennt euch zur Meinungsfreiheit. Hört auf anzukündigen, wozu ihr Medien nach dem rechten Systemwandel zwingen wollt. Denn auch dann soll es doch vielfältig, gleichberechtigt und frei zugehen. Oder etwa nicht?
Quelle: https://www.taz.de/Anleitung-fuer-eine-bessere-Streitkultur/!5529794/