31.3. Gewerkschaften und EU-Wahlen
Betrifft: „Es geht um unsere Zukunft“ mz 4/2019
Lutzenberg, den 31. März 2019
Werter Kollege Matthias Fuchs!
Über den Artikel "Es geht um unsere Zukunft" in der metallzeitung vom April 2019 bin ich schon sehr verwundert. Wie kann unsere Gewerkschaft so einen Propagandatext voller Fake News abdrucken?
Die "rechten Populisten" sind doch nur deshalb groß geworden, weil die EU Institutionen sich vor allem für die Reichen und nicht für alle Menschen einsetzen. Wenn diese Populisten zurück gedrängt werden sollen, benötigen wir einen neuen EU Vertrag, indem die Rechte ALLER Menschen nicht nur der Reichen sozial gerecht geregelt werden. Welche Partei bietet uns diesen Wandel an?
zu 1) EU als Friedensgemeinschaft
Da fällt mir als erstes der Völkerrechts widrige Kosovo Krieg ein. Deutschland ist mit in den Krieg gezogen. War das ein Beitrag zur Friedensgemeinschaft?
Als zweites fällt mir der Krieg in der Ukraine ein. Der wurde durch ein Ultimatum der EU an die damalige Regierung der Ukraine ausgelöst, entweder ihr geht mit der EU oder mit Russland. Eine Brückenfunktion wollte die EU der Ukraine nicht zugestehen. Heute haben sich zahlreiche Agrarkonzerne das wertvolle Ackerland der Ukraine unter den Nagel gerissen.
Als drittes fällt mir der Wirtschaftskrieg in Afrika ein. EU- und andere Trawler fangen den einheimischen Fischer die Fische weg und stürzen sie so in Armut (https://www.deutschlandfunk.de/somalia-wie-illegaler-fischfang-die-piraterie-befeuert), der subventionierte Export von Hühnerfleisch zerstört die einheimischen Märkte in Afrika usw. Was an diesem Verhalten der EU entspricht einer Friedensgemeinschaft?
zu 2) EU als Wohlstandsprojekt
Regelmäßig bereise ich die EU Länder entlang des Mittelmeers. Dort erlebe ich etwas anderes als Wohlstand. Griechenland wurde durch die Sparpolitik der EU in ein großes Armenhaus verwandelt, in Sizilien herrscht eine Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 50 % im übrigen Land von rund 33 %. In Spanien haben sich unzählige Wohnungsbesitzer in den Tod gestürzt, weil die EU lieber Banken als Menschen rettet. Portugal konnte sich jetzt aus der Armuts-Spar-Falle befreien, weil es nicht mehr 100 %ig den Vorgaben der EU gefolgt ist. Bulgarien ist ebenfalls ein Armenhaus der EU. Selbst in Deutschland leben 20 % der Kinder dauerhaft unter der Armutsgrenze, weitere 15 % geraten zeitweise in diese Armutsfalle. EU ein Wohlstandsprojekt? Doch wohl nur für die Reichen!
Dass es uns hier in Deutschland noch relativ gut geht liegt an den exorbitanten Exportüberschüssen, die die deutsche Wirtschaft Jahr für Jahr erzielt. Doch diese Überschüsse sind die Schulden der Länder, die weniger exportieren als importieren können. Aufgabe der Gewerkschaft wäre es in meinen Augen eigentlich, durch entsprechende Tarifabschlüsse die Beschäftigten an diesen Exportgewinnen zu beteiligen und so die Exportüberschüsse zu verringern, für mehr soziale Gerechtigkeit innerhalb der EU. Doch seit mehr als zehn Jahren versagen unsere Gewerkschaften auf diesem Gebiet. Die Exportüberschüsse in Deutschland werden nicht angegriffen.
zu 3) Europa als Aufgabe
Ja, die Gewerkschaften sollten die Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen in der EU angehen. Aber schon in Deutschland versagen sie darin auf ganzer Linie. Mit welchen Parteien zusammen wollen die Gewerkschaften denn dieses Ziel erreichen? Da sollte unseren Kollegen schon mehr Informationen an die Hand gegeben werden, damit sie sich qualifiziert entscheiden können.
zu 4) Für ein soziales Europa
Welche Parteien unterstützen denn den "Sozialpakt für Europa" der Gewerkschaft(en)? "Es hat sich gezeigt: Starke Volkswirtschaften mit starken europäischen Industrien und Dienstleistungen brauchen starke, handlungsfähige Gewerkschaften ...“ . Und wie sieht es in den "schwachen Volkswirtschaften" aus? Brauchen die keine starken Gewerkschaften?
Diese Aufzählung könnte noch lange fortgesetzt werden. Wenn unsere Gewerkschaft, wenn "die Gewerkschaften" wirklich ein sozial gerechtes Europa wollen, dann müssten die Exportüberschüsse verringert und der EU Vertrag neu gefasst werden. Doch davon habe ich innerhalb der Gewerkschaft noch nichts gehört oder gelesen. Es würde mich freuen, einmal klare Worte in der metallzeitung dazu zu lesen statt eines Propaganda Artikels wie den oben angesprochenen.
Mit kollegialen Grüßen